Verkostungen

Der VDP lädt zum Besten der Ernte 2015

Gerne fuhr ich auf Einladung der Vereinigung Deutscher Prädikatsweingüter zur Großen Gewächsprobe nach Berlin.

Im Land der Auto- und Maschinenbauer und der Weltmeister im Biertrinken rangiert der Weingenuß sicherlich nicht an erster Stelle. Es ist aber wirklich überraschend, was sich in der deutschen Weissweinwelt (Rieslingwelt) die letzen 10 Jahr getan hat.

Der Jahrgang 2015 wird seit Monaten mehr von der Fachpresse als von den direkt Beteiligten, den Winzern, hoch gelobt. Tatsache ist, dass dieser nun gezeigte Jahrgang gar nicht so unproblematisch war, wie es jetzt geschrieben wird. Bis Mitte August erwarteten sich viele Winzer einen Jahrhundertjahrgang. Nach einem moderaten 2014er waren einige gar schon euphorisch. Ab August aber setzte eine extreme Trockenperiode ein. Dies brachte die Reben stark unter Druck. Mit den ersten Regentagen kurz vor Beginn der Lese sorgte ein lang anhaltendes feuchtes und Nasses Wetter für tiefe Sorgenfalten in den Gesichtern der Weinbauern. Fäulnisdruck verlangte intensivste Arbeit im Weinberg, jene die mit der richtigen Laubarbeit und mit rechtzeitigem Säubern der Trauben die Situation unter Kontrolle behielten, gelang dann wirklich Wunderbares. Andere mussten zuschauen, wie ein Großteil der fast reifen Trauben verfaulte. Einige bekamen Lesestress und holten sich noch jenes was noch zu retten war. Andere Regionen hingegen, wie die Saar oder auch die Nahe waren bevorteiligt und konnten in Ruhe die dann wunderbaren Herbstwochen zuwarten und auf den perfekten Lesezeitpunkt der Trauben warten. Auch Winzer in Problemzonen, die sich trotz des schlechten Wetters nicht zur Lese zwingen ließen, brachten dann zwar viel weniger aber im Endeffekt tollste Qualitäten in den Keller. .

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Ich begann die Probe so wie die Winzer angeordnet waren. Ganz am Anfang der Tische haben uns die Winzer von der Mosel empfangen. Diese Region ist wohl generell, aber speziell im 2015 jene Landschaft, die sich als am meisten bevorteilt bezeichnen kann. Zum einen  hinterlässt der Klimawandel dort ganz oben im Norden wärmere Spuren, zum anderen konnten die Winzer dieser Gegend aufgrund des späten Lesezeitpunktes die schönen, von kräftigen Temperturunterschieden geprägten Herbstwochen ganz ausschöpfen. Dies gab den Weinen ein selten so intensiv und präzise verkostetes Aromenspektrum für lange Jahre mit auf den Weg. Natürlich begeisterten jene Winzer die wir schon lange gerne besuchen, mit ihren Weinen. Clemens Busch zeigte mit einem Riesling vom Marienburger Fahrlay außergewöhnliches. Ganz anders aber nicht weniger spannend sein Wein, dessen Trauben er sehr spät im Falkenlay gelesen hat.

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Theo Haart, der trotz des Wechsel in die Rente, mit seiner Frau Edith am Stand war zeigte eine dunklen, ja fast noch verpackten Riesling aus der GG Lage Goldtropfchen, der für die Mosel mit viel Kraft, aber nie zu dick, und trotzdem fast elektrisierend durch seine an Spannung kaum zu übertreffende Mineralik nur so strotzte. Neu war für mich das GG aus der Lage Grafenberg. Ich  kannte die Rieslinge aus dieser Parzelle, die einen wesentlich höheren Anteil an Schiefer wie jene vom Goldtröpfchen aufweist nur wegen der dort bis dato fruchtigen Weine. Ein guter Jahrgang, sowie  das nun angewachsene Alter der Reben ließen den Winzer  zur Entscheidung kommen, mit dem 2015er erstmals einen trockenen GG auf die Flasche zu bringen. Viel geschmeidiger als Goldtröpfchen, etwas gelber untermauert mit leichter Exotik, im Gaumen fast seidig und ganz fein, messerscharf und präzise der Abgang, ein Wein den ich in diesem Hause so noch nicht kannte. Tolle Arbeit, der ganz spezielle Boden sowie das Mikroklima dieser  kleinen Parzelle war im Glas wunderbar nachzuvollziehen.

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Längere Zeit schon bin ich auf der Suche nach einem Winzer der einen Mehrwert für uns und unsere Kunden bringen könnte. Immer wieder wurde mir der Name Thomas Haag von Schloss Lieser genannt. Gleich neben Theo Haart standen er und seine Frau und baten zur Probe. War die Haupteigenschaft eines Moselrieslings seit Jahrzehnten in all seinem Süße- und Säure Spiel die Weingaumen weltweit mit Leichtigkeit und Präzision zu betören, eben diese Spiel zwischen diesen Komponenten in Perfektion zu gestalten, so war ich überrascht, wie viele Winzer sich nun auf das Bankett der trocken ausgebauten Weine  begeben.

Thomas Haag gehört zu jenen, die in beiden Kategorien auf höchstem Niveau mitspielen.

Seine Weine  sind anders. Ganz eigen. Man darf sich beim Verkosten dieser Gewächse nicht von der anfänglichen Leichtigkeit blenden lassen. All seine  Weine kommen dem Verkoster mit eine tänzelnden Leichtfüßigkeit entgegen. Was mir da an großen Gewächsen eingeschenkt wurde ist ganz einfach Extra Klasse. Extra, weil unvergleichlich, Klasse, weil er im Feld der Top Fünf der Mosel angekommen ist. Kein Wein, ob trocken oder fruchtig kein Prädikat  hat von irgendetwas zu viel, oder zu wenig. Diese fast fliegende Leichtigkeit verbunden mit einer schier nicht enden wollenden fast knackigen Mineralität  lässt wunderbaren Trinkgenuß erwarten.

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Ich holte mir noch je ein Glas von der Riesling Auslese – Versteigerung 2015 von Johannes Haart und ein Glas von der Riesling Auslese Altenberg vom Weingut Othegraven an der Saar.

Ich setze mich auf die im Foyer bereitgestellten Sessel und versuchte  in Ruhe diese zwei Weine in allen Facetten zu genießen und diese intensive Probe auf mich wirken zu lassen. Niemand auf der Welt kann dieses Spiel zwischen Restzucker und Säure in dieser Perfektion so wie  die Top Winzer  seit Generationen in einem der nördlichsten Anbaugebiete Europas.

 

Kompliment und Danke für diese vielen Genußerlebnisse.

 

Daneben stand der Bruder von Thomas Haag, Oliver. Er hat die Leitung dieses weltbekannten Weingutes vor wenigen Jahren übernommen. Ich ging zu Grans – Fassian  der in Leiwen seinen Betrieb hat und ich ging noch zum  Star der Mosel J. J. Prüm. Natürlich ist bei  solch klingenden Namen die Erwartungshaltung groß. Um es kurz zu machen: die Weinlandschaft der Mosel ist in einer  Phase starker Veränderungen. Die absolute Spitze ist Vergangenheit. Vieles was es zu kosten gibt ist gut, oft leider nur Mittelmaß. Im 2015er ist dies nicht  anders wie in  früheren Jahren. Die wenigen Großen Weine die ich verkostete sind natürlich Gewächse mit denen man sich auseinandersetzen muss. Um die Handschrift junger Winzerpersönlichkeiten zu lesen und zu verstehen, braucht es Geduld und  oft auch etwas Muse.

An die Mosel reihte sich der Rheingau. Ich besuchte einen Freund. Peter Jakob Kühn stand alleine hinter dem Verkostungstisch. Normalerweise ist seine Frau Angela nie in weiter Ferne, die Berlinreise machte dieser feinfühlige Winzer aber  allein. Hatte er doch nur zwei Weine im Gepäck. Die Rieslinge vom Doosberg und vom Nikolaus.  Nicht 2015, er zeigt jetzt erst die Ernte 2014. Und was er zeigt ist einzigartig. Bei allen Winzern die hier Ihre Gewächse zeigen, gibt es nichts Vergleichbares. Ich erinnere mich an den Doosberg aus dem Jahrgang 2004, damals schon einzigartig, von der Fachpresse und auch von den VDP Juroren wurde dieser Wein zur damaligen Zeit nicht akzeptiert, ja er wurde wirklich stark kritisiert.

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Dass nun jene Weine von beiden großen Lagen der Fam. Kühn, die ihren Charakter und ihre Strahlkraft von den legendären Weinen aus den Jahren 2004 bis 2007 noch einmal viel tiefer und intensiver mit auf den Weg bekommen haben, nun von der Fachwelt und auch von den Winzerkollegen Akzeptanz finden, zeigt auch dass die Weinwelt in Deutschland für Veränderungen bereit ist und dass endlich jenen Menschen, die ganz nahe am überhaupt Möglichen agieren und das Machbare mit dem Unmöglichen in Einklang bringen, in der Mitte des Geschehens stehen. Beide Weine von Peter Kühn sind Einzelstücke. Ich kann diese Weine mit keinen anderen die ich je verkostet hatte vergleichen. Auch die Fruchtkomponenten sind  kaum zu definieren. Mir kommt vor ich genieße die Musik eines Orchesters, wo der Dirigent es bestens versteht alles in unglaublicher Harmonie als Erstaufführung dem Genießer zu präsentieren und in seinen Bann zu ziehen.

Nur wirkliche Weinfreunde mit einem breiten Horizont, die bereit sind das von einem philosophischen Winzer geleitete Spiel zwischen   Boden und Reben, sowie Charakter und Seele des Menschen der dahinter steht, zu akzeptieren, wird mit jedem Unikat große Freude haben. Die Weinwelt wäre ohne die Familie Kühn um einiges ärmer.

Die Nahe, dieses kleine wunderschöne Weinbaugebiet in diesem Seitental des Rheins, steht schon jahrelang für garantierte Qualität.
Vom selbstbewussten Altmeister Helmuth Dönnhoff erwartet man sich sowieso jedes Jahr Top Qualitäten, die er mit dem Riesling aus der Hermannshöhle und heuer auch mit dem GG von der kleinen Parzelle an der Brücke, die bis jetzt mit fruchtsüßen Weinen glänzte, zu liefern vermochte.  Wenn man diskutieren möchte, dann bitte über den Felsenberg und dem Dellchen. Natürlich spielt auch Emmrich Schönleber sowei Armin Diel in der obersten Liga.

Wenn Peter Kühn der  futuristische Grenzgänger des Rheingaus ist, dann findet man diese Persönlichkeit an der Nahe wenn überhaupt, mit Tim Fröhlich. Seine Weine sind einfach anders. In der Nase immer dunkel, wenig expressiv und vielleicht mag sie manch ein Verkoster auch abweisend finden. Was aber im Mund daher kommt ist kurz gesagt einzigartig.  Druck, Tiefe, Finesse und Eleganz, ganz egal in welcher Lage die Trauben gelesen wurden. Vielleicht tanzt das GG aus dem Felsenberg ein wenig aus der Reihe. Diesen Wein hatte ich überraschend offen und zugänglich verkostet.

 

Auch die Pfalz hatte so wie der Rheingau und auch Rheinhessen mit dem Jahrgang gar einiges auszufechten. Ich beschränkte meine Besuche natürlich bei jenen Winzern, die ich schon jahrelang verkoste und gerne kaufe. Das Weingut Dr. Bürklin – Wolf war mit keinem einzigen GG vom Jahrgang 2015 vertreten. Wie man uns sagte, hat sich mit 2015 in den tiefen Kellern des historischen Weingutes alles verzögert, die Gärung vollzogen die GG im Schneckentempo. Die Rieslingwelt ist schon gespannt was da wohl im Herbst auf die Flasche kommen wird. Man spricht von richtig Großem.  Wir kosteten aber wunderbare gereifte Weine bis zurück zum Jahre 1999.

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Daneben stand Reichsrat von Buhl, der mit einem grandiosen Riesling aus dem Jesuitengarten und mit einem nicht weniger spannendem Wein aus dem Pechstein beeindruckte. Die Pfalz wäre ohne die Lagen in und um das Dorf Forst um ein vielfaches ärmer.
Ich ging zu Steffen Christmann. Er zeigte zwei Weine, (Meerspinne und Idig) die ich mit großer Freude und unter Anstrengung aller Sinne mit größtem Genuss verkostete – trank. Weine die sich der Spuckbewegung einfach widersetzten.

Mein Weg führte mich noch zum Weingut Von Winning – Dr. Deinhard. Dahinter steht ein Mann, der an Charisma und Lebendigkeit kaum zu übertreffen ist. Wir konnten alle GGs  probieren, vom Grainhübel über den Kieselberg, vom Kirchenstück bis zum Pechstein. Von vielen Weinfreunden wird dieses Weingut und sein neuer Stil mit Lorbeeren überschüttet, ich tat mich einfach schwer mit diesen Rieslingen, die alle stark in diese tiefe Cremigkeit tendierten und wo ich bei allen Weinen eine Holznote im Vordergrund fand, einfach schwer.

Ökonomierat Rebholz ist immer einen Halt wert. Ein weiterer Name, der der Pfalz zu Bekanntheit verholfen hat. Weine von Rebholz sind einfach anders. Vielleicht etwas wenig typisch, etwas weniger vom Körper und von der Struktur, wegen der man gerade in die Pfalz fährt. Dafür etwas knackiger, etwas weniger gefällig, eben Weine für Menschen die diesen Stil suchen und mögen.

Ich war noch in der Abteilung Franken, wo mir Sandra Knoll wirklich einzigartige Silvaner aus dem Jahrgang 2015 zeigte. Ich ging noch in die Region Baden. Es zieht mich immer wieder zu den Burgundern. Noch nie hatte ich Freundschaft geschlossen mit den deutschen Rotweinen. Ich schaffte es auch diesmal nicht, obwohl ich vom Weingut Huber drei wirklich gute Spätburgunder eingeschenkt bekam.

Fast hätte ich noch ein wirkliches Highlight dieser Veranstaltung vergessen. Das Weingut Wittmann aus Rheinhessen. Ein bestens gelaunter Philipp Wittmann schenkte ein. Ein großes Gewächs besser als das Andere. Kirchspiel und Morstein übertreffen alles. Morstein ist einfach ein Gigant auf seidigen Pantoffeln. Ich weiß dieses Privileg, Wittmann kaufen zu dürfen immer mehr zu schätzen. Kompliment an einen Winzer der zeigt, dass man in einem Jahr wie 2014 ganz oben spielen kann und dass in einem großen Jahr wie 2015 er fast an der Einzigartigkeit kratzt.

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