Verkostungen

Vinitaly 2014

Auf die Summa folgte direkt die Vinitaly.
Ganz anders, unglaublich groß und mit dem PKW schwer und nur mit vielen Staus zu erreichen.

Die Messe selbst war gar nicht so schlecht. Zu viele Besucher, ich hatte den Eindruck dass das Fachpublikum in der Unterzahl war.

Ich war heuer mit dem Gedanken dort, wirklich Neues zu finden. Auch der Weinkeller und die Weinkarte braucht Neues um spannend zu bleiben. Gar nicht so einfach im Segment wo wir suchen, fündig zu werden.

Lange schon hatte ich die Gegend im Norden des Piemonts im Visier. Den Weinlandschaften von Boca, Lessona, Ghemme und Gattinara und den wenigen dort arbeitenden Winzern wollte ich einen Tag widmen.

Paolo de Marchi, ein uns allen bekannter Winzer piemontesischen Ursprungs, bekannt geworden mit seinem Cepparello aber auch mit seinem Chianti, zog es zurück in seine geliebte Gegend unterhalb den Gipfeln des Monterosa Massivs mit nicht wenigen 4000er. Eine einzigartige Landschaft, die vor vielen Jahrzehnten als die Wiege des Nebbiolos galt.
Die Feinheit dieser dort wachsenden Weine ist bemerkenswert. Nicht nur Nebbiolo als Hauptsorte, aber auch Vespolina und Croatina haben hier eine „Heimat“ gefunden, wo diese Reben mit zunehmender Konstanz außerordentliche Qualitäten auf die Flasche bringen.

Heiße Tage, kühle Nächte, eine lange Vegetationszeit, und einzigartige Böden lassen Weine entstehen die nicht durch Druck und Breite, sondern durch Eleganz und Feinheit auf sich aufmerksam machen.

Wenige Winzer gehen diesen Weg der Rekultivierung alter verwilderter Weinberge mit großer Überzeugung aber vor allem mit größtem Aufwand.
Lessona, wie diese Gegend heißt, wurde von Paolo und seinem Sohn Luca vom Dornröschenschlaf erweckt. Es folgten noch Massimo Clerico, ein junger dort beheimateter Winzer, der sich ihm anschloss. Ich probierte auch Weine von anderen Winzern, möchte mich aber auf diese beiden beschränken.

In seinem Weingut das den Namen Proprietá Sperino trägt, wird von Vater Paolo und von Sohn Luca mit Herzblut gearbeitet. Die Böden, die zu einem großen Teil aus Meeressand, Erosionsmaterial von den nahen Gletschern und von sehr eisenhaltigen vulkanischen Porphyr Schichten geprägt sind, lassen Weine wachsen, die in dieser Eleganz und Feinheit schwer zu finden sind.

Folgende Weine sind mir aufgefallen:

 

Rosa del Rosa – Coste della Sesia Doc rosato 2013

Viel mehr als ein Rosé für die warmen Stunden auf der Terasse. Dicht und trotzdem sehr trinkfreudig, seine dezente nicht aufdringliche Frucht verleiht ihm Charme, seine mineralische Note zeugt von Trauben, die auf alten Reben wuchsen seine Harmonie zeigt das Feingefühl des Winzers.

Uvaggio 2011 Coste della Sesia Doc 2011 (Nebbiolo, Vespolina und Croatina)

Eine verführerische Nase lässt spannendes erwarten. Der Gaumen ist nichts für jene die Feinheit und Frucht suchen. Etwas harzige, rustikale Noten, eine leichte Bitterkeit im Abgang, und zu dominante Tanine, dies sind die Eigenschaften die ich bei dieser Probe notiert habe. Er wird noch viel Zeit brauchen, um richtig Spaß zu machen. Wenn überhaupt?

Lessona 2009 (Nebbiolo)

Dies ist das Spitzengewächs dieses Weingutes. Auch sein Preis ist auf dem Niveau der namhaften Barolos. Meiner Meinung hat dieser Wein auch den Wert guter Barolos. Blitzsaubere Nase, eine tiefe nicht aufdringliche Frucht, schon beim einsaugen des Duftes in die Nase kommt leichter Speichelfluss auf. Im Gaumen kommen sofortige Erinnerungen an einen jungen Gevrey Chambertin. Vielleicht etwas geschmeidiger. Schöne lange seidige Frucht. Etwas Tabak wunderbar samtige Tanine im Abgang. Kein ganz großer Wein, einfach gut.

 

 

Von Massimo Clerico verkostete ich folgende Weine:

Ca` du Leria 2011: (Nebbiolo, Croatina und Vespolina)

Dieser als Basiswein angebotene Cuvée aus den oben genannten Rebsorten, überzeugt mit Eleganz und Feinheit. Kühle nach frischen Waldbeeren erinnernde Frucht, eine milde, reife und gut eingebundene Säure, aber vor allem eine schöne Salzigkeit verleiht diesem Wein Trinkfreude. Ein angenehmer Begleiter mit sehr gutem Preis- Leistungsverhältnis.
Spanna 2010:

In diesem reinsortigen Nebbiolo aus einem als sehr gut klassifiziertem Jahrgang, muß ich schon sehr lange suchen, bis ich diese Frische und Eleganz die man besonders in diesem Gebiet sucht, finde. Dieser Wein wird stark vom Alkohol der schlecht eingebunden ist dominiert. Die etwas versteckte Frucht hat es nicht leicht, bittere und etwas gezehrte Tanine dominieren den Abgang.

Der wichtigste Wein des Weingutes wird bei allen nach der Gegend benannt, also Lessona und wird im Normalfall aus 100 % Nebbiolo erzeugt.

 
Lessona 2008 und 2009:

Dieser reinsortige Nebbiolo reift auf Stöcken, die um 1970 gepflanzt wurden. Man merkt die Kraft der alten Rebe, nie ist dieser Wein breit und fett.

Kaum zu glauben, wie unterschiedlich ein und derselbe Wein vom gleichen Winzer aus einem anderen Jahr sein kann. Mit 2008 möchte ich mich nicht länger befassen, 2009 war einfach eine andere Liga.

Dieser Jahrgang wird meinen Ansprüchen gerecht. Elegant, sehr einladend, präzise im Abgang, sehr fein, saftig, kurze Anflüge von Leder, ein leichter Duft von nassem Moos, aber eine schöne und lang anhaltende Tiefe. Potential für noch viele Jahre. Dieser Wein wird eine gute Investition werden.
Evt neuer Block:

Kurz darauf traf ich zufällig Roberto Conterno. Ihm verdanke ich, das Weingut Az. Vitivinicola Nervi in Gattinara und seinen Besitzer überhaupt kennengelernt zu haben.

Ich konnte mit dem Besitzer, Hr. Erling Astrup und mit Roberto eine schöne in die Tiefe gehende Probe von verschiedenen Weinen dieses historischen Betriebes miterleben.

Ohne langes Hin und Her wurde Gattinara 2006 eingeschenkt. Dieser reinsortige Nebbiolo zeigte sich von einer guten Seite. War dies der Einstiegswein? Ich wusste es noch nicht. Auf jeden Fall eine schöne Visitenkarte war es allemal.

Jetzt folgte eine Fassprobe des Gattinara von der Ernte 2008. Besser, lebendiger, ein Wein mit mehr Seele. Saftig und einladend, ein schöner Begleiter für viele Momente.

Es gibt in diesen Weingut auch noch zwei Lagenweine. Eine Lage nennt sich Valferrana, die andere Molsino. Sozusagen zwei Grand Cru.

Man schenkte den Valferana 2005 ein. Dieser Nebbiolo, der in Zementbehältern traditionell und ohne Zugabe von Reinzuchthefen vergoren wird, kommt nachher für 40 Monate in große gebrauchte Holzfässer. Trotzdem zeigte sich dieser Wein sehr frisch und sehr lebendig. Ein Wein der viel Freude bereitet. Ganz eigen, nicht zu vergleichen mit den Nebbiolos aus Barolo oder aus Barbaresco. Ganz andere Böden, eine andere klimatische Situation, eine längere Vegetationszeit und ein aus Norwegen stammender aber sehr traditionsbewusster und trotzdem von Innovation geprägter Winzer verleihen diesem Wein Eleganz, Charakter und eine sehr persönliche Note.

Nun gab es einen Nebbiolo 2006 aus der Lage Molsino. Dieser auf fast 450 m Höhe gelegene Weinberg zeigt was Nebbiolo in seiner angestammten Heimat kann. Eine nebbiolotypische, eher verhaltene Nase lässt Neugier und ein zufriedenes Grinsen aufkommen. Der Gaumen wird nicht enttäuscht. Welch ein Orchester von noch verhaltenen aber kompletten Aromen und Düften. Präzision und Geradlinigkeit prägen diesen Wein im Gaumen. Ein langer saftiger Abgang lädt zu einem erneuten Schluck ein. Kein ganz großer Wein, aber durch seine Eigenständigkeit gibt er mir Genugtuung und macht Freude.

Jetzt noch Molsino 2008 aus dem Fass:

Gefällt mir noch besser. Hier kommt wesentlich mehr Kraft und Druck in den Vordergrund. Bereits dieser Jungwein überzeugt mit seiner fein gegliederten Eleganz und mit seiner Vielfalt.

Nun fragte ich nach einer gereiften Probe. Man öffnete wieder einen Molsino aus dem Jahre 1999.

Haben wir vorhin zu gut verkostet. Hat man uns verwöhnt. Ich konnte mich mit dieser Probe nur im ersten Moment anfreunden. Im Gaumen fand ich wieder diese Tanine, die richtig zehren, zu viele graue Haare, zu schlaff und zu kurz, dies waren die Eigenschaften die ich mir aufgeschrieben hatte. Ich fand einfach nicht diese Eleganz und diese spannende von Mineralik unterlegter Frucht im Abgang, für die wir den Nebbiolo so suchen und mögen. War es nur diese eine Flasche?

 

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